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Psycare Project Interview: Für sicheren Umgang mit Drogen

15-03-2018

In diesem Interview mit Joost vom niederländischen Psycare Projekts wollen wir über die Initiative sprechen, die einen sicheren Ort und Betreuung für Drogenkonsumenten und Tripper auf Festivals zur Verfügung stellt. Wir hoffen das bald alle Festivals auf dem Kontinent diesem Vorgehen nacheifern werden.

Happy Party

Psycare: Einführung

Wir hatten das Privileg und die Möglichkeit Joost, den Organisator der Psycare Intervention, zu treffen. Er nahm sich die Zeit, über sein Projekt zu sprechen, gab uns einige gute Ratschläge und einen kleinen Einblick darauf, wie es ist, sich auf einem Festival auf der nüchternen Seite zu befinden und dafür zu sorgen, dass die Partygeher einen sicheren Trip erfahren.

Azarius: Hallo Joost, für uns ist es sehr wichtig die Kultur eines verantwortungsbewussten Drogenkonsums zu fördern, deshalb wollten wir mit dir über dein Projekt sprechen. Kannst Du vielleicht beginnen, indem Du beschreibst, was genau PsyCare ist und wie es begonnen hat?

Joost: Unser Projekt geht vom Wunsch aus, unseren Rat und unser Wissen über psychedelische Fürsorge auszuweiten. Wir bieten psychologische erste Hilfe für Leute an, die Psychedelika auf Festivals einnehmen und vielleicht mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben.

A: Die Idee eines sicheren Raumes also?

J: Genau, ein sicherer und angenehmer Ort, um sich auf die Erfahrung einzulassen. Wir versuchen sie nicht zu stoppen, sondern unsere Gäste zu unterstützen und ihr Erlebnis zu erleichtern, indem wir ihnen eine physische, psychologische und emotionale Umgebung bieten, damit sie durch ihren Trip navigieren können und auf der anderen Seite hoffentlich besser herauskommen.


"Wenn Du vor einem Drachen stehst, schau' dem Drachen in die Augen und gehe durch den Drachen durch. Anstatt vor ihm zu fliehen, stelle dich ihm."

A: Wie sieht der physische Ort aus, den ihr zu Verfügung stellt?

J: Unsere Ausrüstung besteht aus einem grossen Tipi-Zelt, das wir in 10 verschiedene Bereiche geteilt haben für individuelle Gäste, dann haben wir einen Outdoor Bereich für alle, die sich drinnen nicht wohl fühlen und wir haben eine Jurte für schwierige Fälle, wenn eine Person zu laut oder wild für andere Leute ist und intensivere persönliche Unterstützung braucht.

A: Wie ist so ein Abend organisiert?

J: Das letzte Mal waren wir insgesamt vierzig Leute, mit Schichten von sechs Stunden. Jede Schicht besteht aus acht Leuten (sechs Betreuer, ein Sekretär, u.a.), die alle Informationen der Gästes sammeln, wann sie eingetroffen sind, Kontakt mit ihren Freunden, was sie eingenommen haben oder was man glaubt, dass sie eingenommen haben, ihr Zustand, etc. Das Hauptziel der Betreuer ist es, dass die Leute sich wohl fühlen. Man bietet Freundlichkeit, Wärme, eine Decke, eine Tasse Tee, usw. an… Es ist bereits die Hälfte der Arbeit, wenn sich die Leute sicher und willkommen fühlen. Wenn sie uns verlassen, geben wir ihnen einen Brief mit, um ihnen zu erklären was mit ihnen passiert war, denn am nächsten Tag können sie sich vielleicht nicht mehr an alles erinnern: "Du warst in unserer Obhut, falls Du Fragen hast oder Unterstützung brauchst, nimm einfach Kontakt mit uns auf, usw."

A: Ein Bezugspunkt für alle, die trippen?

J: Auch wenn man uns letztendlich nicht aufsucht, ist das Wissen, dass unsere Türen im Notfall offen stehen, eine grosse Erleichterung. Wir sind hier, um einen geerdeten Raum und Atmosphäre zu schaffen und Ruhe bzw. Unterstützung auszustrahlen.

 A: Hast Du einen Ratschlag für alle, die Sitter für jemanden, der trippt, sein wollen?

J: Zuerst sollte man wissen, was die andere Person eingenommen hat und wenn es sich um ein Psychedelikum handelt, ist sie höchstwahrscheinlich körperlich auf der sicheren Seite. Für alle, die trippen, gilt allgemein, dass der Widerstand gegen das, was man erfährt, die Erfahrung wahrscheinlich schwieriger machen wird und Angstzustände erhöht. Du musst als Sitter der Person Mut machen, damit diese sich wirklich gehen lassen kann, während der Sitter sich um den körperlichen Zustand kümmert, und dass die Person letztendlich zurückkommt. Denn es stimmt, man kommt wirklich zurück. Ein allgemeines Bild von Angstzuständen ist das folgende: Wenn Du vor einem Drachen stehst, schau' dem Drachen in die Augen und gehe durch den Drachen durch. Anstatt vor ihm zu fliehen, stelle dich ihm. Und wenn Du dich ihm stellst, dann ist die Chance grösser, dass Du von deinem Trip etwas lernst und er zu einer bereichernden Erfahrung wird. Ich weiss, dass das einfacher gesagt als getan ist, aber die Fähigkeit die Erfahrung zu akzeptieren resultiert üblicherweise in einer Abnahme der Angstgefühle oder Negativität.

A: Ist das wo Du die Brücke zwischen psychologischer und psychedelischer Betreuung siehst?

J: Naja, psychedelisch ist psychologisch, es dreht sich alles um die Psyche. Die ursprüngliche Definition des Wortes „psychedelisch“ auf Altgriechisch ist “das Kundtuen der Psyche”. Was auch immer sich in jemandes Kopf befindet oder noch tiefer liegt, kann sich zu erkennen geben. Es ist wichtig einen erfahrenen Sitter zu haben, denn die trippende Person wird sehr sensibel auf alle äusseren Einflüsse, auf Stimmungen oder Gesichtsausdrücke von anderen; die Sinne sind geschärft. Wenn ein Sitter ängstlich wird, kann das eine negative Spirale auslösen, es ist also wichtig gelassen zu sein und die Zuversicht auszustrahlen, dass alles in die guten Bahnen geraten wird, denn das stimmt auch.

Ruhige Party

A: Was sind die häufigsten Probleme auf die eure Gästen stossen?

J: Die Reaktionen der Leute sind sehr unterschiedlich. Manchmal drücken sie was sie erfahren durch ihre Bewegungen aus, werden aggressiv und wild und andere werden wirklich unkommunikativ. Sie können eine wunderschöne Erfahrung oder eine schwierige haben, aber von aussen lässt sich nichts darüber sagen.

 A: Das heisst also eine “schlechte” Erfahrung kann etwas sein, dem man sich stellen muss…

J: Darum nennen wir sie nicht schlechte Erfahrungen, sondern Herausforderungen. Schwierig bedeutet nicht schlecht. Wenn man einen Trip bis ans Ende durchschreitet, auch wenn es schwer ist und eine Negativität mitspielt, dann läuft das normalerweise in eine sehr bedeutsame Erfahrung hinaus.

A: Wie sieht es mit der Qualität der Drogen auf Festivals hier aus? Gibt es immer noch ein Problem mit versetzten oder verschnittenen Drogen?

J: Manchmal. In den Niederlanden nicht so sehr. Aber auf anderen Festivals haben wir manchmal Forschungschemikalien angetroffen. Manche Leute dachten, dass sie LSD eingenommen hatten, es handelte sich jedoch um ein NBOMe.

A: N-Bombe?

J: Eine neue psychedelische Substanz, Derivate der 2C Gruppe. Wie Du weisst, gibt es 2CB, 2CE, 2CI… Diese sind 25-B-NBOMe, 25-i-NBOMe etc. Sie sind neu und sehr stark und können schädlich sein, wenn sie in grösseren Mengen eingenommen werden. Normalerweise haben wir allerdings nur mit Klassikern, wie LSD, Pilzen, MDMA oder Spacecakes, zu tun.

A: Wirklich? Spacecakes?

J: Sie sind wirklich schwierig zu dosieren, es dauert lange bis die Wirkung eintritt und normalerweise sind die klassischen Konsumenten eher unerfahren mit Drogen. Ihre Potenz wird oft unterschätzt und man erwartet die Wirkung nicht und wird paranoide, gestresst, etc.

A: Hast Du das Gefühl, dass sich der Drogenkonsum auf sozialer Ebene verbessert hat?

J: Das ist eine gute Frage, aber ich bin mir nicht sicher ob ich eine Antwort darauf habe. Manche Festivals sind interessiert daran einen Safespace oder Utensilien zur Schadensverminderung zur Verfügung zu stellen, aber gleichzeitig will das grösste Festival in den Niederlanden, Lowlands, nicht einmal mit Vereinen wie Unity in Verbindung gebracht werden, die nur Informationen zur sicheren Einnahme bieten. Die Festivalorganisatoren haben Angst um ihr Image. Sie sagen, dass sie keine Drogen auf ihrem Festival wollen, aber wie soll man das verhindern oder wirklich durchsetzen? Es werden alle Arten von Drogen in Gefängnisse geschmuggelt, glauben sie wirklich, dass das auf einem Festival nicht möglich sei? Leider ist die Vorstellung, Drogen zu unterdrücken anstatt gesund und verantwortungsvoll damit umzugehen, immer noch vorherrschend, auch hier in den Niederlanden.

A: Genau deshalb finde ich es unverzichtbar, Projekte wie PsyCare oder anderen Gruppen, die nach ihren Möglichkeiten Schadensverminderung verbreiten, bereichern und befürworten oder gut informierten und verantwortungsbewussten Drogenkonsum unterstützen, zu fördern.

Psycare und dein Feedback

Kennst auch Du Projekte oder Leute, die die Sicherheit des Drogenkonsums verbessern wollen?

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Autorin: Julia



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