Der Schreiber und Dichter Hans Plomp (1944) ist einer der ersten niederländische Psychonauten. Zusammen mit Gerben Hellinga veröffentlichte er 1994 das Bucht “Uit je bol”. In diesem Führer werden verschiedenste Substanzen behandelt: von Khat über Kokain bis zu LSD und dem Fliegenpilz.
Bevor Webseiten wie Erowid entstanden, war “Uit je bol” die wichtigste Quelle für niederländische Explorer. Auch heute noch wird es von vielen Menschen gelesen, um etwas über die Substanz, die er oder sie einnehmen will zu erfahren.
Plomp, der in Amsterdam geboren und aufgewachsen ist, sieht jung und frisch aus. Sein Wohnzimmer ist voll mit exotischen Objekten aus der ganzen Welt. An der Wand hängen Bilder von verschiedenen religiösen Bräuchen: Indische Gottheiten, eine indigene Schamanenfrau und zwei wunderschöne Huichol-Tücher. Am Fenster steht eine Sammlung wunderschöner Kakteen.
Während der Regen gegen das Fenster peitscht, erzählt er von seinen Reisen, über den Platz von Psychedelika in der Gesellschaft und den Wirbel, den LSD verursachte, als es in den 1960ern von den Amsterdamern eingenommen wurde. Wie kam er selbst zum ersten Mal mit psychoaktiven Drogen in Kontakt?
Magie und Mystik
"Als ich zwanzig Jahre alt war, stand ich mit einer Gruppe in Kontakt, die sich mit Esoterik beschäftigte: Zauberei, Magie und Mystik. Kurz nach dem Krieg, waren diese Themen noch mit einem Tabu belegt, denn auch die Nazis beschäftigten sich mit Astrologie und schwarzer Magie. Hitler war Vegetarier, das ging also überhaupt nicht klar.
Nichtsdestotrotz waren wir interessiert. Deshalb suchten wir nach Vorkriegsquellen. Substanzen wie Opium oder der Fliegenpilz waren zu diesem Zeitpunkt bereits in Verwendung. Auch Lachgas ist sehr alt. Ausserdem haben wir mit Kräutern experimentiert, die hier in Europa wachsen, wie Stechapfel und Bilsenkraut. Das sind keine Substanzen, die man zum Spass einnimmt, sie sind sehr gefährlich. Als die anderen Substanzen also eintrafen, waren wir die ersten, die sie ausprobiert."
"Wir experimentierten auch mit Kräutern, die hier in Europa wachsen, wie Stechapfel und Bilsenkraut. Das sind keine Substanzen, die man zum Spass einnimmt, sie sind sehr gefährlich!"Balletttänzer und schmelzenden Lenkräder
"Ich nahm Meskalin zum ersten Mal ein, als es um 1968 verboten wurde. Die Pharmafirma Merck besass einen grossen Posten, der aus unbekannten Gründen nicht zerstört wurde. Dieser gelangte nach Amsterdam: jeder der wollte konnte es ausprobieren.
Wir hatten keine Ahnung was es war, deshalb nahmen wir es und stiegen in das Auto eines Freundes ein. Er hatte ein Cabrio, deshalb machten wir eine Spritztour. Bis auf einmal das Lenkrad in seinen Händen zerschmolz!
Wir sahen auf die Strasse, dort stand ein Verkehrspolizist, aber uns erschien es als ob er einen Balletttanz durchführte. Wir hatten niemals zuvor so etwas erlebt, deshalb fuhren wir näher, um einen besseren Ausblick zu haben. Der Polizist wusste auch nicht was los war. Den Begriff “high” gab es damals noch nicht. Er schnüffelte herum, aber nein, wir waren nicht betrunken. “Weiterfahren!” Gab er uns zu verstehen.
Horrortrips
"Kurze Zeit später kam auch LSD nach Amsterdam, in Form von Tropfen auf Würfelzucker. Und auch diesmal hatten wir keine Ahnung davon, aber die Beatles und die Rolling Stones hatten es bereits ausprobiert: warum also nicht? Alle gingen trippen. Aber es war ziemlich heftig! Manche Menschen rasteten aus und verschwanden im Irrenhaus.
Niemand wusste wirklich was man zu erwarten hatte. Stell dir vor Du nimmst LSD ein und kommst dann drauf, dass die Welt vollkommen gestört ist! Die normale Welt meine ich: es war die Zeit der Atombombe und wenn man dann plötzlich das grosse Ganze sah… Manche Leute flippten total aus. Glücklicherweise fanden ich und meine Freunde die Trips hauptsächlich lustig."
Schamanische Fähigkeiten
"Bald kamen sie zum Schluss, dass wir gefährlich waren und nicht die Obrigkeit mit ihren Nuklearwaffen! Natürlich war es riskant und es gab sicher auch einige Todesfälle. Heutzutage ist viel mehr bekannt über die Dosierung und man kann sich über jede Substanz ausführlich informieren bevor man sie einnimmt, wir wissen, dass das Setting wichtig ist. Wir hatten damals keine Ahnung von diesen Dingen!
Ich sagte immer: man sollte niemals etwas einnehmen, wenn man davor Angst hat oder zögert. Ich glaube eigentlich, dass diese starken Substanzen nur für Menschen geeignet sind, die, nennen wir es mal so, schamanische Fähigkeiten haben. Sie können helfen Erleuchtung zu erfahren. Aber man muss mit den erweckten Kräften umgehen können. Wenn Du nicht so stark bist, passt Meditation vielleicht besser zu dir."
“Ich glaube eigentlich, dass diese starken Substanzen nur für Menschen geeignet sind, die schamanische Fähigkeiten haben.”Provos
Zur selben Zeit, in den späten Sechzigern, tauchte auch die Provo Bewegung in Amsterdam auf. Plomp war Teil davon. Wie sah die Welt damals aus? "Es ist schwer vorstellbar, aber in meiner Jugend gab es nichts zu tun. Es gab fast keinen Kontakt unter Jugendlichen. Das änderte sich durch meine Generation: Spontane Versammlungen entstanden auf den Strassen. Daraus entwickelte sich die Provo Bewegung.
Manche wurden politisch aktiv, andere gründeten ein Geschäft oder bauten ungespritztes Gemüse an. Davor gab es kein Umweltbewusstsein oder ähnliches. Die Menschen begonnen sich für Indien, indigene Völker und Schamanen zu interessieren. Sie hörten andere Musik und experimentierten mit unterschiedlichen Küchen. Davor assen wir nur Eintopf! Auch die sexuelle Revolution begann.”
Krieg gegen Drogen
"Dieser Zeitraum dauerte fünf bis acht Jahre. Dann nahmen die Anzugmenschen wieder Überhand. Die Psychedelika wurden nacheinander verboten. Meine Bücher werden seitdem fast oder gar nicht mehr diskutiert: wenn in einer niederländischen Geschichte ein Joint geraucht wird, zählt das eigentlich gar nicht mehr."
Nächste Woche: Teil zwei des Interviews, in dem Hans Plomp mehr über die Entstehung von “Uit je bol” und die Rolle von Psychedelika in der Gesellschaft erzählt.