Legales Kannabis
(Source: Metro Augustus 29th 2003)
State pot at the pharmacist
Jede Woche sendet Ger de Zwaan 60 Joints zu einem Pflegeheim in Amsterdam. “Du kannst alte Leute nicht zum Coffeeshop schicken', meint er. “Und was wissen die Leute im Coffeeshop schon über den Effekt von Kannabis auf Schmerz, Übelkeit und Krämpfe. Es gibt so viele verschiedene Arten von Haschisch und es macht einen so großen Unterschied. Wenn Du nicht vorsichtig bist, bekommst Du hasch, der Dich zu viel husten lässt, oder der mit Pestiziden besprüht wurde.'
Die 'Foundation of Patients for Medicinal Marihuana', von welcher de Zwaan Vorsitzender ist, verschreibt Haschisch schon seit einigen Jahren. Von Ihrem Büro in Rotterdam aus senden sie wöchentlich 2 Kilogramm Kannabis. Das sind 700 Joints in der Woche und hunderte Haschischpakete für Tee, Sprüher und Inhalatoren. Monatliche Verschiffungskosten: 2500 Euro. Mehr als 5000 Patienten sind Mitglieder, darunter 1500 Belgier. Der älteste Kunde ist 96 Jahre jung.
Nächste Woche muss De Zwaan schliessen. Nach Jahren von Lobbyarbeit , über 50 TV und Radio Erscheinungen und endlosen Korrespondenzen mit dem holländischen Gesundheitsminister, geht der Pionier endlich seinen Weg. Ab 1. September wird Cannabis in der holländischen Apotheken verfügbar sein (wenn vom Arzt verschrieben, versteht sich).
Das Internationale Gesetz sagt, dass ein Staat eine Monopolstellung besitzt, wenn es das Züchten von Cannabis erlaubt (das berühmte 'gedoogbeleid'). Damit endet die Politk des tolerierten Gesetzesbrechen, unter welcher De Zwaan in den letzten Jahren frei arbeiten konnte.
Aber er zeigt den Meilestein mit gemischten Gefhlen. Das Apothekergras wird für 5 Patientenkategorien verfügbar sein. Die Hälfte seiner Mitglieder, unter ihnen auch er selbst, werden nicht die Möglichkeit haben, Cannabis in der Apotheke zu kaufen. Und er bezweifelt, dass alle Patienten die Gunst des Staatshasches genießen können. Er bietet 10 Arten von verschiedenen Stärken an, weil der Effekt von Patient zu Patient verschieden ist. Die Apotheker haben nur 2 Arten, das superstarke 'White Widow' ist aber nicht unter ihnen.
Ausserdem wird das Gras von den meißten Versicherungen nicht rückerstattet, doch ist es in der Apotheke doppelt so teuer. De Zwaan verlangt nicht mehr als 4 Euro per Gramm, die Apotheker verngen zwischen 8 und 10 Euro. De Zwaan hat eine Gruppe von Kleinzüchtern zusammengestellt, die für den Einkaufspreis liefern. Das staatliche Cannabis muss von den zwei amtlichen Zuchten zum Großhändler, wo es sterilisiert und verpackt wird, und dann zum Apotheker gesandt wird. Die Qualitätskontrolle treibt den Preis natürlich auch nach oben, laut einer Sprecherin von KNMP, die holländische Organisation der Apotheker.
De Zwaan hat bemerkt, dass Patienten und Ärzte über den kommenden Wechsel besorgt sind. Sein Telfon läutet non-stop, Patienten bestellen extra, nur um sich kräftig einzudecken. Er zeigt einen Brief vom holländischen Gesundheitsminister. Im Brief steht, dass er bis jetzt gute Arbeit geleistet hat, aber dass er von Montag an kein Cannabis mehr lagern und liefern kann. “Das kann nicht sein', meint er mit starken Willen. Ein älterer Mann zeigt auf seine Frau, die an Parkinson erkrankt ist. Dank des Cannabis zittert sie kaum.
Nächste Woche wird zu einem dieser lauten Coffeshops gehen müssen, wo das Gras viel teurer ist, wo die Leute seine Frau nicht kennen und wo sie wahrscheinlich nicht das haben, was seine Frau braucht. Und was ist mit den Belgiern, für die De Zwaan auch extra am Sonntag sein Büro öffnet. Unter ihnen auch schwerkranke Krebspatienten. 'Sollen die einfach selbst sehen, wie sie weiterkommen?' In einem Zimmer nebenan dreht Mitarbeiter Henk gelassen Joints, 2/3 Tabak und 1/3 Gras. Im hinteren teil des Büros stehen ein paar Pflanzen, welche an die Patienten geliefert werden, die es sich wirklich nicht leisten können. Laut De Zwaan gibt es da schon einige.
Er hofft auf einen offiziellen Verzicht. De Faria, Stadtrat von Rotterdam, hat ihn zu einem Gespräch eingeladen. Ab Montag erwartet er hunderte Telefonanrufe bezogen auf das Staatscannabis. Ein Apotheker ist kein erfahrener Professioneller in dieser Sache. 'Was wissen die schon über die Hoheit der Kräuter?'sagt er.
Nicht umsonst hat er einfache Praktikanten all die Jahre lang beraten. Er macht sich Soregn über das Pflegeheim. Wer wird dort die Joints drehen? Der Gesundheitsminister meint, dass sich die Pfleger dafür qualifizieren. “Auf keinen Fall! Wir reden hier nicht von Paracetamol.'
Source: De Volkskrant Augustus 28th 2003